Ein Geschenk für den Kreml?

Russlands staatliche Medien waren begeistert: Armin Laschet hat die Wahlen zum CDU-Vorsitz für sich entschieden. Doch wie russlandfreundlich ist der Christdemokrat, dem die Grünen eine unkritische Nähe zum Kreml vorwerfen?

CDU-Chef Armin Laschet gilt in Moskau als Russlandversteher. (Foto: commons.wikimedia.org)

„Ein deutsches Geschenk für den Kreml“, „Der Putin-Versteher“, „Merkels Nachfolger zeigt Anstand gegenüber Russland“: Mit solchen Überschriften feierte die russische Presse Mitte Januar die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden. „Armin Laschet ist die bestmögliche Wahl für die russisch-deutschen Beziehungen“, fasste Deutschlandspezialist Artjom Sokolow von der Diplomatenschmiede MGIMO die Stimmung im „Kommersant“ zusammen. Laschet sei nie als Kritiker Moskaus aufgefallen, gelte als Fürsprecher einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit und engagiere sich für die deutsch-russische Verständigung.

Warnung vor Anti-Putin-Populismus

Wie aber kommen die Blätter zu ihrer positiven Einschätzung Laschets? Zunächst ist da der Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) aus dem Jahr 2014, den fast alle russischen Medien erwähnen. In dem Text warnte der damalige CDU-Vizevorsitzende kurz nach der Krimkrise vor einem „marktgängigen Anti-Putin-Populismus“. Das deutsche Verhältnis zu Moskau sei von einseitiger Kritik und Emotionen bestimmt, so Laschet. Ereignisse wie der Fall der festgenommenen Musikerinnen der Punk-Band Pussy Riot überlagerten die Beziehungen.

„Die Dämonisierung Putins“, sei jedoch „keine Politik, sondern ein Alibi für ihre Abwesenheit“, erklärte der CDU-Mann damals und verwies auf die enge wirtschaftliche Verflechtung beider Staaten. Laschet habe sich auch später immer wieder für eine enge Kooperation mit Moskau ausgesprochen, erinnerte das Nachrichtenportal Meduza. So werde Russland auch in seiner derzeitig autoritären Verfassung für die Lösung vieler Probleme der Weltpolitik benötigt, zitiert das Portal eine Begründung des Politikers.

Zurückhaltung im Fall Nawalny

Beispielsweise sei eine Lösung des Syrien-Konflikts nur mit Russland möglich, twitterte Laschet im Jahr 2015 und musste dafür viel Kritik in Deutschland einstecken. Auch Laschets zurückhaltendes Taktieren im Fall Nawalny wird ausführlich beschrieben. So habe der neue CDU-Chef zunächst auf öffentliche Schuldzuweisungen bei der Frage nach den Drahtziehern hinter der Vergiftung Nawalnys verzichtet, schreibt die „Nowaja Gaseta“. Laschet habe stattdessen auf eigene russische Ermittlungen und eine Bestrafung der Täter gedrängt.

Im Gegensatz zu seinen Mitbewerbern um den Parteivorsitz habe Laschet das Schicksal des Oppositionspolitikers zudem nie mit der Zukunft der Erdgasleitung „Nord Stream 2“ verbunden. Der Christdemokrat betrachte die Röhre als rein wirtschaftliches Projekt, in das sich die Politik nicht einzumischen habe. Sollte eine Beteiligung russischer Stellen nachgewiesen werden, brauche es eine gemeinsame europäische Antwort – und keinen
deutschen Alleingang.

Forderung nach sicheren Belegen

Es sei nicht das erste Mal, dass Laschet in einem Vergiftungsfall den Kreml in Schutz nehme, erinnerte der russischsprachige Dienst der „Deutschen Welle“. Bereits zwei Jahre zuvor hatte Laschet im Falle des Anschlags auf den Doppelagenten Sergej Skripal und seiner Tochter mit dem Nervengift Nowitschok vor harten Schritten gewarnt.

„Wenn man fast alle NATO-Staaten zur Solidarität zwingt, sollte man dann nicht sichere Belege haben?“, wies er damals in einem Tweet die Forderungen nach Sanktionen gegen Russland zurück. Laschet zog damit die Ermittlungen britischer Behörden in Frage und stellte sich als erster CDU-Politiker gegen die Position der Bundesregierung, welche die vorliegenden Indizien als ausreichend für den Beweis einer russischen Täterschaft betrachtete.

Kein Grund für Euphorie

Allerdings warnten russische Zeitungen auch vor allzu großen Erwartungen an den neuen CDU-Vorsitzenden. Der Kurs eines eventuellen Kanzlers Laschet gegenüber Russland hänge auch von Rahmenfaktoren wie Russlands allgemeinen Beziehungen zu Europa, dem Verhältnis zu den USA und der Biden-Administration sowie der weiteren Entwicklungen im Fall von „Nord Stream 2“ ab, gibt der „Kommersant“ zu bedenken.

Zudem stehe Laschets Kurs in der eigenen Partei, aber auch in den Medien unter Druck. Außerdem werfe ihm die politische Konkurrenz von den Grünen zu viel Kremlnähe vor.

Birger Schütz

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