43 Länder, darunter auch Deutschland, wurden von Moskau und Minsk auf ihren Umgang mit Menschenrechten abgeklopft. Herausgekommen ist ein 1675 Seiten starker „Bericht über die Menschenrechtslage in bestimmten Ländern“. Deutschland sind darin knapp 50 Seiten gewidmet.
Bereits im Vorwort heißt es, in den Bericht seien jene Länder aufgenommen worden, die anderen ihre Standards aufzwingen wollten und „genau genommen Einmischung in die inneren Angelegenheiten betreiben“. Dabei zeigten sie überflüssigerweise mit dem Finger auf andere und sollten lieber bei sich anfangen. Den „negativen Erscheinungen und Tendenzen im Bereich der Menschenrechte“, zu denen die Autoren unter anderem „rassistische und neokoloniale Sichtweisen“ zählen, müsse sich die „gesamte konstruktiv eingestellte internationale Gemeinschaft“ entgegenstellen.
„Aggressive Russophobie“
Auch Deutschland kommt in dem Bericht erwartungsgemäß schlecht weg. Menschenrechte würden von den politisch Verantwortlichen selektiv als Druckmittel gegenüber ausländischen Partnern eingesetzt, gleichzeitig aber Vorwürfe an die eigene Adresse entschieden zurückgewiesen. Entsprechende Vorkommnisse fänden in den deutschen, so wörtlich, „Systemmedien“ aber kaum Beachtung und würden teilweise einfach „totgeschwiegen“. Echte Kritik komme nur von einigen „NGOs, die nicht auf staatliche oder staatsnahe Finanzierungsquellen angewiesen“ seien. Gleichzeitig erhielten die Sicherheitsbehörden und Geheimdienste immer größere Vollmachten, sodass das Privatleben der Bürger vor ihnen nicht mehr sicher sei.
Ein Schwerpunkt des Berichts ist die „Verfolgung russischer Staatsbürger und Landsleute“ nach dem 24. Februar 2022. Die damals begonnene „militärische Sonderoperation“ habe als „Vorwand“ für „aggressive Russophobie“ herhalten müssen, begleitet von „grenzenloser Unterstützung für das Kiewer Regime“. Die Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von einer „rassistischen Ideologie“.
Angeblich alle Russischsprechenden betroffen
Vom „eklatanten Anstieg der Diskriminierung“ seien „alle Vertreter der russischsprachigen Diaspora“ betroffen gewesen, „einschließlich der Juden und der russlanddeutschen Spätaussiedler“. Im Frühjahr 2022 habe das BKA bis zu 200 strafrechtlich relevante Tatbestände pro Woche registriert, was die „Diskriminierung, Beleidigung, Drohungen oder direkte Gewalt“ gegen Russischsprechende betrifft. Das sei bis zu „Hetze und Verfolgung“ russischsprachiger Kinder an Schule gegangen. In vielen Schulen hätten Pädagogen auf „zentrale Anweisung“ hin Hausaufgaben gegeben, die „Russland diskreditieren“ und „ein Zerrbild der Vorgänge in der Ukraine“ vermittelten. Russischsprachigen Kinder, die sich weigerten, solche Aufgaben zu erfüllen, drohe der Schulausschluss, heißt es in dem Bericht.
Weiter wird eine „Welle der Russophobie“ in Kultur und Religion beklagt. Außerdem würden russischsprachige Aktivisten, die mit der „Dämonisierung Russlands“ nicht einverstanden seien, unter Druck gesetzt und eingeschüchtert. Die deutschen Medien stellten solche Personen als Handlanger des Kremls hin.
Ukrainer bevorzugt behandelt
Der russisch-belarussische Bericht vermerkt, deutsche Bürgerrechtler seien über eine „Zuspitzung des Problems des Antisemitismus“ besorgt. Auch anti-islamische Stimmungen hätten sich verstärkt. Rechtsextremismus werde von den Behörden als eine der größten Bedrohungen der inneren Sicherheit eingeschätzt. Auch in Polizei und Armee hätten sich rechtsextremistische „Elemente“ eingenistet, schreiben die Autoren.
„Rassistische Diskriminierung“ zeige sich nicht zuletzt am Beispiel der Flüchtlinge aus der Ukraine. Ukrainer hätten nach Einschätzung von Bürgerrechtlern und Einwanderer-Verbänden „mehr Rechte“ als „Asylsuchende aus anderen Krisenregionen der Welt“. Und auch auf die Coronavirus-Pandemie kommt der Bericht noch zu sprechen. In den Jahren 2021 und 2022 sei vielerorts die Versammlungsfreiheit außer Kraft gesetzt und sei Protest gegen die Corona-Maßnahmen „brutal niedergeschlagen“ worden.
Tino Künzel