Der Riesling liegt im Trend

Seit zwei Jahren ist das Deutsche Weininstitut mit einem Büro in Russland vertreten. Bei den Riesling Weeks im Spätsommer konnten Kunden in Restaurants und im Handel erleben, dass Deutschland nicht nur mit gutem Bier punkten kann. Wir haben mit Tatjana Böhm von der Agentur Promark gesprochen. Die Marketing­expertin leitet die Zentrale von Wines of Germany in Russland.

Tatjana Böhm, Riesling
Seit 2018 ist Tatjana Böhm die erste Ansprechpartnerin für deutschen Wein in Russland. (Foto: Wines of Germany)

Frau Böhm, wie hat sich der Absatz von deutschem Wein in den vergangenen Jahren entwickelt?

Schon bevor wir unser Büro eröffnet haben, hatten die russischen Sommeliers ihre Vorliebe für den Riesling als Terroir-Sorte entdeckt. Wenn ich mich mit denen unterhalte, wird mir immer wieder klar, dass das richtge Riesling-Fans sind. Das hat sich zu einem echten Trend entwickelt. Immer mehr Rieslinge aus verschiedenen deutschen Anbaugebieten haben ihren Weg in die Weinkarten der russischen Top-Res­taurants gefunden.

In den Supermarktregalen gab es dagegen in Russland bis zuletzt meist nur preiswerte, liebliche oder halbtrockene Weine aus Deutschland. Doch das ändert sich auch langsam. Das Angebot an trockenen Rieslingen verbessert sich. Das ist auch eines unserer Ziele.

Trockene und leichte Weine liegen generell im Trend und es hat sich gezeigt, dass Russland als Exportland für deutschen Wein ein wirklich großes Potenzial hat. Die Exportmenge ist etwa von knapp fünf Millionen Litern im Jahr 2018 auf 6,8 Millionen Liter im Jahr 2019 gestiegen. Beim Sekt ist es noch beeindruckender, da stieg der Export im gleichen Zeitraum von 54 000 auf 169 000 Liter.

Wie steht es um die Weinkultur in Russland? Wer sind die Käufer von deutschem Wein?

Russland gehört historisch nicht zu den klassischen Weinländern. Aber in den letzten Jahren wächst das Interesse an Wein insgesamt deutlich. Es gibt immer mehr Weinbars, Weinverkostungen sind als Geschenk sehr beliebt, die Weinkompetenz der Bevölkerung wächst ständig. Nicht nur in Gastro-­Metropolen wie Moskau und St. Petersburg, auch in Jekaterinburg, Nowosibirsk, Wladiwostok, Perm oder Krasnodar gibt es eine lebendige Weinkultur. Vor diesem Hintergrund hat auch der deutsche Wein sehr an Beliebtheit gewonnen und die Leute sind vor allem an trockenen Rieslingen interessiert. In Restaurants und Weinbars stehen besonders solche aus Einzellagen mit VDP-Prädikat „Erste Lage“ oder „Große Lage“ hoch im Kurs.

Welche Sorten kommen bei russischen Kunden gut an? Dreht sich alles um den Riesling?

Es ist schon so: Deutschland wird bei den russischen Kunden absolut mit Riesling verbunden. Man kann sagen: Deutschland ist Riesling, Riesling ist Deutschland. Aber es kommen nach und nach auch andere Sorten gut an, Weißburgunder, Silvaner, Müller-Thurgau.

Außerdem schätzen die Kunden das gute Preis-Leistungs-Verhältnis von deutschem Wein, besonders beim Spätburgunder. Den gibt es in Deutschland in hervorragender Qualität und der ist in der Regel deutlich erschwinglicher als der Pinot Noir aus dem Burgund, den sich viele schlicht nicht leisten können.

Welche deutschen Anbaugebiete stehen hoch im Kurs bei rus­sischen Kennern?

Klar, der Moselriesling wird von vielen als Maßstab angesehen, der ist blumig und sehr aromatisch. Aber ich beobachte auch, dass der eher zurückhaltende und minera­lische Rieslingtyp aus dem Rheingau immer beliebter wird. Sommeliers vergleichen den Moselriesling gerne mit einer Frau und den Riesling aus dem Rheingau mit einem Mann. Der aufstrebende Stern unter den Anbaugebieten ist zudem die Nahe. Das Gebiet ist zwar sehr klein, aber für uns sehr bedeutend, weil es dort die größte Bodenvielfalt gibt.

Im Spätsommer fanden wieder die Riesling Weeks in Russland statt. Welche Bilanz ziehen Sie?

Die Riesling Weeks waren für uns dieses Jahr ein toller Erfolg. Allein die Tatsache, dass sich sieben Supermarktketten beteiligt haben, war toll. Das ist nicht das einfachste Geschäft und in der Regel mit zähen Verhandlungen verbunden. Auch 400 Restaurants in knapp 40 Städten haben sich beteiligt.

Wir machen die Medienkampagne, das Design, produzieren Give­aways. Die Restaurants entscheiden selbst, was sie konkret anbieten, etwa besondere Menüs und eine Auswahl an Weinen. Und sie bewerben dies dann in den sozialen Medien. In den Restaurants hatten wir bei den Verkäufen eine Steigerung von 280 Prozent gegenüber dem Vorjahr, im Handel sogar 1000 Prozent. Wir sind sehr zufrieden.

Und zuletzt: Welchen Typ Wein schätzen Sie persönlich?

Ich mag sehr mineralische, trockene Rieslinge mit dezenter, zurückhaltender Stilistik. Weine, bei denen sich das Aroma langsam eröffnet, nicht gleich von Anfang an wie eine Bombe.

Die Fragen stellte Jiří Hönes.

Weinland Deutschland

Nicht nur Wein aus Deutschland ist in Russland erfolgreich, auch als Reiseland erfreut sich die Bundesrepublik großer Beliebtheit. Und in Sachen Weintourismus haben die deutschen Anbaugebiete vom Bodensee bis zur Ahr einiges zu bieten. Alla Belikowa vertritt die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) in Russland und betont, dass sich die Weinkultur und die Qualität des Weins in den vergangenen drei Jahrzehnten stark weiterentwickelt hat. „Infolge des Genera­tionswechsels haben sich die Weine und ihre Präsentation verändert. Viele junge Winzer haben ihr Sortiment komplett neu aufgestellt, moderne Etiketten entwickelt und präsentieren Weine in neuen, ambitionierten Weingütern mit Glamour“, so die Tourismusexpertin. Weinwanderwege, Weinmuseen mit innovativen Konzepten und speziell ausgebildete Guides sorgen zudem dafür, dass immer mehr an der Weinkultur interessierte Touristen hier ihren Urlaub verbringen. Auch aus Russland.

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