Es ist genug gesagt und geschrieben worden über die Fairness, die Richtigkeit und die Zulässigkeit der Existenz des Status eines ausländischen Agenten und der Liste der Personen und Organisationen, die mit diesem Status „begünstigt“ werden. Es hat keinen Sinn, sich lange darüber auszulassen, denn das sind die Realitäten, die hier und jetzt herrschen. Aber selbst wenn man sich bewusst ist, dass dies eine Gegebenheit ist und sich die Situation in naher Zukunft nicht ändern wird, würde man gerne die Logik der Prozesse verstehen. Aber auch hier gibt es ein Problem. Das zeigt das Beispiel der Aufnahme des Demografen Alexej Rakscha* in das Register.
Rakscha* ist eine öffentliche Persönlichkeit, und als Experte äußert er sich häufig zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit der Demografie. Er sammelt Statistiken, analysiert die Situation und liefert Prognosen. Alles, was er bisher gesagt hat, war kein politisches Manifest, sondern eine echte Expertenmeinung. Eines seiner Steckenpferde ist übrigens die Frage der Korrektur der demografischen Situation im Lande – darüber reden heute buchstäblich alle Beamten, egal welchen Ranges. „Wir müssen die Geburtenrate erhöhen!“ – rufen die Beamten von verschiedenen Podien aus. Rakscha* sagt, wie dies seiner Meinung nach erreicht werden kann. In der Tat arbeitet er – nach bestem Wissen und Gewissen und im Rahmen seiner Kompetenzen – für die Zukunft des Landes.
Warum dann dieser Status? Weil er „die Größe der russischen Bevölkerung herunterspielt“, berichteten die Medien. Wenn das stimmt, dann ist das ein weiteres Signal an alle Experten: Ihr könnt jeden Unsinn veröffentlichen, solange es den Vorgesetzten passt. Aber Gott bewahre, wenn euer Expertenurteil von den Vorstellungen der Machthaber abweicht. Diese Logik ist verkehrt, aber das ist die Realität hier und jetzt.
Igor Beresin
*in Russland als ausländischer Agent eingestuft
