Bett frei für die Polizei

Studenten sollen im Sommer ihre Zimmer in WM-Spielorten räumen, damit die Polizei einziehen kann. Dafür haben nicht alle Verständnis.

Studentenwohnheim

Andrej räumt gerne sein Zimmer während der WM. / Foto: Nico Tielke

Wer hat in meinem Bettchen geschlafen? Das könnten sich einige Studenten fragen, wenn sie im nächsten Herbst zurück ins Wohnheim kommen. Dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft zufolge sollen dort während der WM Polizisten einquartiert werden. Dem Großereignis soll sogar der Lehrplan in mehreren Spielorten untergeordnet werden. Das Semester wird kürzer, Prüfungen vorgezogen, weil die Polizisten schon im Mai einziehen.

Der Studentenverband wandte sich an Ministerpräsident Dmitrij Medwedew. Die Studenten würden nicht nur vorübergehend aus ihren Zimmern vertrieben, es würde ihnen auch die Möglichkeit genommen, die WM in ihrer Stadt zu erleben. Dabei soll eine Fußballweltmeisterschaft doch ein Fest für alle sein, so steht es zumindest auf der Fifa-Homepage.

Lieber WG als zurück in die Heimatstadt

In Nischnij Nowgorod trifft die Entscheidung gleich drei Wohnheime, unter anderem das der zentral gelegenen Technischen Universität. Sergej studiert dort seit drei Jahren. Seinen Platz im Wohnheim will er nicht räumen, immerhin liegt seine Heimatstadt 300 Kilometer entfernt. Doch er hat Hoffnung: „Bisher habe ich noch kein offizielles Dokument gesehen.“

Ähnlich ergeht es Julia, die ebenfalls an der Technischen Universität in Nischnij Nowgorod studiert. Weil sie nicht in ihre Heimatstadt zurück möchte, will sie sich ab April mit zwei Freunden eine Wohnung mieten. Sie wissen jedoch nicht, wie sie die finden und bezahlen sollen. Julia jedenfalls wird die Situation so annehmen, wie sie kommt: „Was der Direktor sagt, muss gemacht werden.“ Und der sagt, die Studenten würden verständnisvoll reagieren.

„Wenn nicht wir, wer dann?“

Einer von den Verständnisvollen ist Andrej. Er findet alles halb so wild, er ist ohnehin kein Fußballfan, interessiert sich eher für Eishockey. Und er hat kein Problem damit, den Polizisten sein Zimmer zur Verfügung zu stellen: „Wenn nicht wir, wer dann?“ Der angehende Ingenieur kann dem Ganzen sogar noch etwas Positives abgewinnen: „Ist doch cool, wenn das Semester kürzer ist. Dann müssen wir nicht so lange lernen und können mehr reisen.“

Inzwischen haben aber auch die Proteste offenbar gewirkt. Nach neuesten Medienberichten sollen Polizisten nur noch einzelne Zimmer beziehen, wenn die Bewohner die Ferien anderswo verbringen.

Nico Tielke

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