Bar excellence: Russische Bars ausgezeichnet

Eine Rangliste kürt jährlich die 50 besten Bars der Welt. Darunter sind auch zwei Vertreter aus Russland, die mit ganz unterschiedlichen Konzepten überzeugen.

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In der Insider Bar mixen die Barmänner ausgefallene Kreationen. (Foto: instagram/insider.bar.lab)

Was für Restaurants der Michelin-Stern ist, ist für Bars die Aufnahme in die Liste „The World’s 50 Best Bars“. Einmal im Jahr gibt der britische Verlag William Reed Business Media bekannt, wo es von Sydney bis Stockholm die besten Cocktails gibt. Gleich zwei der oberen Platzierungen beim renommierten Barpreis kommen in diesem Jahr aus Russland.

Russlands beste Bar ist das El Copitas aus St. Petersburg. Das Lokal mit mexikanischer Ausrichtung, das in der Wertung den achten Platz belegt, steht nicht zum ersten Mal auf der Liste. Angefangen mit Rang 39 im Jahr 2018, erreichte das El Copitas in den Folgejahren zweimal den 27. Platz, bevor es den sprunghaften Aufstieg in die Top Ten schaffte.

Mexikanischer Erfolg in St. Petersburg

Auch die Entwicklung der Bar selbst ist eine Aufstiegsgeschichte. Drei Freunde gründeten das El Copitas 2015 im abgeschiedenen Untergeschoss eines Innenhofs. Am Anfang fehlte das Geld sogar für Stühle, weshalb sie am Eröffnungstag in der Nachbarschaft welche ausleihen mussten. Aus Sorge, dass nicht genug Gäste kommen würden, hatte das El Copitas nur an drei Abenden in der Woche geöffnet, das ist bis heute so. Es weist kein Schild auf die Bar hin, das Laufkundschaft anziehen könnte. Das ist so gewollt, denn einen der 35 Plätze bekommt man nur mit telefonischer Reservierung. Die schwere Zugänglichkeit, die zum Teil aus der Not heraus entstand, gehört mittlerweile zum Konzept und ist maßgeblicher Grund für den Erfolg.

Ein anderer ist die „mexikanische Gastfreundschaft“, wie es in der Bewertung heißt. Und natürlich die Cocktails. Die basieren hauptsächlich auf Mezcal, die Spezialität des El Copitas. Die mexikanische Spirituose war in Russland lange völlig unbekannt, weshalb die Gründer den Agavenschnaps aufwendig in Koffern einführen mussten. Wer die Bar betritt, bekommt gleich ein „Gläschen“ gereicht. Jede Woche gibt es vier neue Cocktail-Kreationen, die neben wechselnden Tacos mit bunter Kreide auf einer Tafel stehen. Für Gäste, die länger bleiben wollen, sollen im kommenden Jahr auch Apartments direkt über der Bar entstehen.

Senkrechtstarter aus Moskau

Erst Anfang des Jahres eröffnet, erreichte die Insider Bar in Moskau auf Anhieb den 13. Platz im Ranking. Die Bar hat ein ambitioniertes Konzept, das sich um das Thema Zukunft dreht. Dazu gehört, „von den klassischen Mustern wegzukommen, bei denen die Bar von der Lounge abgetrennt ist“, erklärt Barchef Wladimir Majakow die außergewöhnliche Aufteilung.  „Bei uns gibt es das alles nicht, der Barkeeper ist im Raum mit den Gästen, wir sind nicht von den Leuten abgegrenzt.“ Anstelle eines Tresens gibt es eine freistehende, futuristisch anmutende Barstation, die eigens für den Ort entworfen wurde. Gäste beobachten hier aus der Nähe, wie ihre Drinks hergestellt werden.

Neben der Verbindung zu den Gästen ist auch die Verbindung zur Natur wichtig. Das spiegelt sich in der Ausstattung deutlich wider. Die Wände bestehen aus orangefarbenem Lehm, die wellenförmige Decke soll Relief imitieren. Auch der Umgang mit den Produkten soll Verständnis für die Natur zeigen. „Wir versuchen, die Zutaten, die wir verwenden, vollständig zu nutzen – im Englischen heißt dieses Konzept From Root to Fruit“, stellt der Barchef heraus.  

Die Drinks kommen aus dem Labor

Die Zutaten kommen aus einem durch eine Glaswand abgetrennten Labor. Dort werden mit High-Tech-Geräten ausgefallene Aromen geschaffen. In der Beschreibung des „Umami Mary“ liest sich das so: Shiitake-Pilze, Petersilie, schwarzer Kardamom, Tomatenwasser, Siracha. Ein anderer Cocktail enthält neben Limette und Honig auch Sanddorn und Seeigel. Nicht nur bei der Zubereitung, sondern auch beim Servieren kommt Technologie zum Einsatz, wie der Barkeeper erläutert: „Wir arbeiten mit einer Technik, bei der wir die Getränke vormischen und dann auf den gewünschten Alkoholgehalt verdünnen. Dann stellen wir sie in unser Thermostatsystem, das es uns ermöglicht, die richtige Temperatur zu halten. Auf diese Weise haben unsere Getränke immer die gleiche Temperatur, die zum Servieren erforderlich ist.“ Bis zu etwa 15 Euro kann man in der Insider Bar für einen perfekt temperierten  Cocktail ausgeben, zum Beispiel für einen Trüffel-Negroni im Baccarat-Glas.

Die Insider Bar ist nicht für jeden

Dass dieser Anspruch ein bestimmtes Publikum anziehen soll, schwingt schon im Namen der Bar mit. Die Bar sei laut Majakow gemacht für „Menschen, die über Informationen verfügen, die die breite Masse nicht hat, die in ihrem Leben viel gereist sind. Wir versuchen, ihnen etwas Neues zu bieten. Das sind die Menschen, die die Blockaden in ihren Köpfen beseitigt haben, über den Tellerrand hinausschauen und bereit sind für unsere Experimente.“

Bereit müssen die Gäste auch sein, sich an einen Dresscode zu halten. Auf der Webseite steht die Empfehlung, sich „smart casual“ zu kleiden und „den unverzichtbaren Kapuzenpulli zu Hause zu lassen“. Ansonsten wird der Eintritt trotz Reservierung auch mal verweigert . Die ist generell nötig und ebenfalls nur am Wochenende möglich. Das liege unter anderem an dem pragmatischen Grund, dass die komplexen Zutaten eine lange Zubereitungszeit bräuchten, erklärt der Barchef. „Um 24 Stunden zu arbeiten, drei Abende hintereinander, brauchen wir 50 Stunden zur Vorbereitung.“ Der zweite, offensichtlichere Grund ist, sagt Majakow, „dass drei Tage weniger als eine Woche sind und wir ein Gefühl von Einzigartigkeit und Feierlichkeit schaffen wollen, wenn man die Bar besucht.“

Anna Finkenzeller

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