
Der Bär ist eines der Symbole Russlands. Während der Übertragung eines Fußball- oder Eishockeyspiels findet der Kameramann immer einen Fan auf der Tribüne, der ein Polo mit einem grinsenden Bären trägt. Es scheint, dass er (der Bär, nicht der Fan, obwohl man sich auch für ihn nicht verbürgen kann) bereit ist, die Gegner in Stücke zu reißen. Die Bärenretter aus dem Dorf Bubonizy, 30 Kilometer vom Kreiszentrum Toropez entfernt, bekommen jeden Tag Bären zu Gesicht. Aber nicht solche, wie sie auf den Trikots der Fans zu finden sind. Sie beobachten hilflose Tiere, die der Pflege bedürfen.
Das Rettungszentrum für verwaiste Bären in der Region Twer besteht seit über 30 Jahren. In dieser Zeit hat sich die Methode zur Rehabilitation verwaister Braunbärenbabys bewährt, die der Gründer des Zentrums, Valentin Paschetnow, ein angesehener russischer Ökologe, entwickelt hat. Nach Angaben des Zentrums wurden bereits 317 Jungtiere auf ein eigenständiges Leben vorbereitet und in die Freiheit entlassen.
Bei der von den Bärenrettern angewandten Methode werden die kleinen Raubtiere so weit wie möglich vom Menschen entfernt gehalten. Die Tiere dürfen niemals an Menschen gewöhnt, geschweige denn in irgendeiner Weise trainiert werden. Wenn die Jungtiere keine Bedingungen vorfinden, die ihrem natürlichen Leben in der Wildnis möglichst nahe kommen, haben sie nach der Freilassung kaum eine Überlebenschance. Deshalb lassen die Mitarbeiter des Zentrums auch keine neugierigen Menschen zu den Jungtieren. Es handelt sich keineswegs um einen Zoo.
Leider wird die Arbeit für die Bärenretter nicht weniger. Die Bären-Jagdsaison ist offiziell vom 21. März bis zum 10. Juni und vom 1. August bis zum 31. Dezember angesetzt. Im Jahr 2024 lehnte der Oberste Gerichtshof eine Klage auf Änderung dieser Zeiträume ab. Die Autoren der Klage wiesen darauf hin, dass „die Jagd im Winter dadurch ersetzt wird, dass während des Winterschlafs des Bären eine Höhle aufgesucht, der Bär herausgelockt und dann getötet wird“. Selbst wenn die Jäger eine Bärin nicht töten, sondern nur erschrecken, kehrt sie nicht in die Höhle zurück. Gleichzeitig stirbt Braunbärennachwuchs unter einem Jahr, weil er nicht in der Lage ist, selbstständig Nahrung zu finden. Solche Schäden werden durch die offiziell genehmigte Jagd verursacht, ganz zu schweigen von Wilderern.
Deshalb arbeitet das Zentrum auf Hochtouren. Die Lebensaufgabe von Valentin Paschetnow wird von Sohn Sergej und seiner Frau Jekaterina weitergeführt. Nach seinem Abschluss an der Landwirtschaftsakademie trat deren Sohn Wassili ins Zentrum ein. Eine ganze Dynastie von Bärenrettern.
Igor Beresin