Topographie des Traumas

Tragödien der Menschheit sind Gegenstand von Antoinette von Saurmas Arbeiten. Das Moskauer Museum für Moderne Kunst zeigt ihre „Topographie des Traumas“

Eine zufällige Begegnung legte den Grundstein für die Zusammenarbeit. Antoinette von Saurma und die Moskauer Kuratorin Anna Schurba lernten sich auf einer Ausstellung der Künstlerin in München kennen. Bei einem Gespräch verstanden die beiden Frauen schnell, dass Deutsche und Russen eine sehr ähnliche Gefühlswelt haben. Beide verarbeiten Tragödien auf eine schwermütige Weise.

Die Idee, eine Ausstellung in Moskau zu planen, entstand bereits kurz darauf. Für von Saurma begann ein straffer Schaffens–prozess, der heute im Museum für Moderne Kunst in Moskau zu bewundern ist. „Viele Werke sind noch nicht mal richtig trocken“ erklärt die Malerin, deren Urgroßmutter gebürtige Russin war.

Nicht die erste deutsche Künstlerin im Museum

„Topographie des Traumas“ ist die dritte Einzelausstellung, die das Musuem im Rahmen der deutsch-russischen Kulturbeziehungen zeigt. Zuvor waren 2012 „Aufruf zur Alternative“ von Joseph Beuys sowie 2016 Skulpturen und Reliefs von Stephan Balkenhol zu sehen.Zur Vernissage erschien unter Blitzlichtgewitter sogar der Direktor der Russischen Akademie der Künste Zurab Tsereteli. Der gebürtige Georgier fand warme Worte für Antoinette von Saurma, ihre Familie und natürlich für ihre Kunst.

Trauma

Aus der Serie „Seeking“. 2017. /Foto: F. Huth/MMoMA

Auch das eigene Schicksal wird verarbeitet

Die Ausstellung besteht aus vier Serien von Grafiken, die in den letzten fünf Jahren entstanden sind. In ihnen verarbeitet die Künstlerin das Thema „Trauma“ auf eine ganz individuelle Weise.
Die Serie „Falling gracefully to the sea“ zeigt beispielsweise eine der größten Tragödien unserer Zeit: Menschen auf der Flucht, die im Meer ertrinken. „Das herzzerreißende Schicksal derer, die ein anderes Leben suchen, und ihr mutiger, oft ergebnisloser Kampf gegen die Natur bewegten mich dazu, die Figuren in wasserlöslicher Tinte zu malen. Bevor sie untergehen und eins werden mit dem Wasser, besteht immer noch die Chance zu überleben.“

Das Thema geht der Künstlerin besonders nah. Auch ihre eigene Lebensgeschichte ist geprägt von Flucht und Verlust. Diese Themen verarbeitete sie zwischen 2015 und 2017 in „Generation“, der wohl vielfältigsten und komplexesten Serie der Ausstellung, aber auch der persönlichsten. Antoinette von Saurma wendet sich hier von der Natur ab und versucht, das Familienarchiv, das durch die Flucht von Deutschland nach Südafrika im Zweiten Weltkrieg verloren ging, zu rekonstruieren. Entstanden sind emotional-verzerrte Porträts und Kindheitserinnerungen aus Afrika, die viel über die Gefühlswelt der Künstlerin verraten. Während ihres Studiums in Johannesburg lernte sie viele Techniken kennen. Unter dem Apartheitsregime war die Verarbeitung persönlicher Emotionen in der Kunst jedoch nicht erwünscht. Dies holt Antoinette von Saurma nun nach.

Nico Tielke

Bis 8. Januar 

Moskauer Museum für Moderne Kunst 

Ul. Petrowka 25 (Metro Puschkinskaja, Twerskaja, Tschechowskaja)

Informationen auf der Seite des Museums

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