Spracharbeit in Zeiten der Krise: Österreich Institut öffnet in Moskau

Österreich positioniert sich als Vermittler in schwierigen Zeiten. Einen neuen Kanal für den Dialog mit Russland stellt das Österreich Institut dar, das am 19. April feierlich in Moskau eröffnet wird. Der neue Leiter Dr. Thomas Stiglbrunner spricht im Interview über die Besonderheiten des Instituts.

Dr. Thomas Stiglbrunner spricht in der Österreichischen Botschaft /Foto: Oleg Borisow/Österreichische Botschaft

Das Österreichische Kulturforum in Moskau leistet seit dem Ende der Sowjetunion Kulturarbeit. Bietet aber keine Sprachkurse an. Wie kam es zu dieser Teilung?

Es ist historisch gewachsen. Österreich ist eines der ganz wenigen Länder, in dem Sprach- und Kulturarbeit getrennt sind. Zwar gab es Kulturforen, die Sprachkurse angeboten haben. 1997 wurde aber beschlossen, eine eigene GmbH zu gründen und die Sprachkurse auszulagern.

Das Österreich Institut ist vor allem in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie aktiv. Warum kommt das Institut ausgerechnet jetzt nach Moskau?

Weil die historischen Beziehungen zwischen Russland und Österreich relativ gut sind. Selbst während der Sowjetunion sowie nach deren Zerfall wurden sie aufrechterhalten. Im Gegenzug sind in Österreich einige russische Kulturforen und Sprachzentren entstanden. Nun war die Überlegung, den Schritt weiter ostwärts zu machen. Da war Moskau der Standort Nummer eins für uns. Dadurch können wir die Beziehungen zwischen Österreich und Russland noch mehr stärken.

Es ist also kein Zufall, dass der erste Besuch des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz außerhalb der EU Moskau galt?

Wir hoffen darauf, dass auch im Zeichen der europäischen Politik Kanäle für den Dialog mit Russland offen gehalten werden. Für uns ist es wichtig, dass die Menschen miteinander reden, auch wenn sie vielleicht nicht immer einer Meinung sind. Und um den anderen kennenzulernen, werden in Österreich Russischkurse von russischen Institutionen angeboten und nun bieten wir hier Deutschkurse an. Wobei wir in Moskau „nur“ Spracharbeit leisten werden. Wir werden Veranstaltungen in unserem Programm führen, die im weitesten Sinne mit Sprache zu tun haben: Spiele-Abende und Business-Frühstücke. Es gibt auch eine Lese- und Buchtauschecke. Wir arbeiten zudem eng mit der Österreich-Bibliothek an der Staatlichen Linguistischen Universität Moskau zusammen. So versuchen wir in Moskau, uns stark zu positionieren.

Obwohl das Österreich Institut seine Arbeit offiziell noch nicht aufgenommen hat, war es auf der Bildungsmesse in Moskau vertreten. Wie verlief das erste Kennenlernen?

Es ist sehr gut verlaufen. Das Interesse ist da. Ich bin beispielsweise vor kurzem in Tjumen gewesen. Dort wurde an den Schulen Deutsch als zweite verpflichtende Sprache eingeführt. Die Nachfrage ist trotz des Englischen hoch. Wir sehen auch, dass Deutsch in Russland eine starke Tradition hat. In der Arbeitswelt ist Englisch zwar eine Voraussetzung. Man braucht aber eine zweite lebende Fremdsprache, um sich von den anderen abzuheben.In unserem Fall freuen wir uns, wenn es das Deutsche ist.

Das Goethe-Institut bietet in Moskau umfangreiche Deutschkurse an. Wie halten Sie es mit der Konkurrenz?

Für uns ist das Goethe-Institut keine Konkurrenz, sondern ein Partner, der dafür eintritt, die deutsche Sprache zu verbreiten. Gemeinsam unterstreichen wir die Wichtigkeit der deutschen Sprache. Das Österreich Institut ist klein aber fein, das heißt für uns ist es nicht wichtig, so groß zu werden wie das Goethe-Institut. Unser Ziel ist dagegen, sich auf jeden einzelnen Kunden einzustellen. Unsere Gruppen sind bei den Standardkursen auf zwölf Personen beschränkt. Bei den Spezialkursen sind es maximal acht Lernende. Wir werden hoffentlich auch eng mit Firmen zusammenarbeiten, weil an den anderen Standorten der Österreich Institute der Firmen-Anteil ziemlich hoch ist. Ein Schwerpunkt ist deshalb Wirtschaftsdeutsch.

Hat das Österreich Institut vor, in den Regionen aktiv zu sein?

Bis lang noch nicht. Vorerst ist unser Ziel, den Standort Moskau aufzubauen. In drei Jahren werden wir weitere Strategien besprechen. Der Kontakt zu Tjumen entstand über eine Einladung der Universität. Wir werden dort wahrscheinlich Prüfungen anbieten, die wir gemeinsam mit dem ÖSD (Österreichisches Sprachdiplom Deutsch) durchführen. Aufgrund des großen Interesses werden wir dieses Projekt weiter verfolgen.

Wird das erworbene Zertifikat auch in Deutschland anerkannt?

Die Institutionen erkennen sich gegenseitig an. Beispielsweise gilt das ÖSD A1 in Deutschland für Familiennachzug. Mit ÖSD C1 können sie an allen Universitäten in Deutschland studieren und die Prüfungen des Goethe-Instituts werden überall in Österreich zugelassen. Und was das ÖSD und das Österreich Institut recht interessant macht: Wir legen unseren Schwerpunkt darauf, dass das Deutsche eine plurizentrische Sprache ist. Es gibt das bundesdeutsche Deutsch, das österreichische Deutsch und das Schweizerdeutsch. Natürlich nimmt das Bundesdeutsche bei uns einen wichtigen Stellenwert ein, weil zum Teil die Lehrwerke aus Deutschland kommen. Die Kunden lernen bei uns auch die anderen Varianten kennen.

Ist das Ihr Unique Selling Point?

Das kann man tatsächlich so sagen. Das macht sonst eigentlich niemand, weil die meisten das nicht wichtig finden. Aber aus meiner Erfahrung und Praxis kann ich sagen, dass es wichtig ist, Deutschlernende darauf hinzuweisen, dass es nicht nur ein Deutsch gibt. Das macht Deutsch für mich so interessant.

Moskau ist für Sie keine unbekannte Stadt.

Ich habe drei Jahre an der Universität in Moskau gelehrt, bevor ich zurück nach Österreich ging um für „Teach for Austria“ an der Schule zu unterrichten. Dann ging ich nach Bratislava, um dort das Österreich Institut zu leiten. Jetzt freue ich mich auf meine neue Aufgabe in Moskau.

Das Gespräch führte Katharina Lindt.

Österreich Institut

Das Österreich Institut ist eine Einrichtung des österreichischen Außenministeriums zur Durchführung von Deutschkursen im Ausland. Es wurde 1997 als GmbH gegründet. Das Institut erhält einen Gesellschafterzuschuss, die Eigenfinanzierung liegt bei über 90 Prozent. An zehn Standorten des Instituts können Menschen Deutsch lernen.

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