2050: Russland vor! Wirtschaftsprognose macht Hoffnung auf Europa-Spitze

Bis 2050 werden die Entwicklungsländer die globale Wirtschaft dominieren. Russland soll in Europa gar eine Führungsposition winken. Lang sind solche Töne nicht mehr zu hören gewesen. Aber wie realistisch ist diese PwC-Prognose? Und unter welchen Bedingungen könnte sie sich wirklich erfüllen?

Die russischen Medien überschlugen sich regelrecht, als die internationale Consulting-Firma PricewaterhauseCoopers (PwC) am 7. Februar ihre neue Langzeitstudie vorstellte, die besagt: In 33 Jahren sollen die aufstrebenden E7-Schwellenländer (China, Indien, Indonesien, Brasilien, Russland, Mexiko, Türkei) die globale Wirtschaft und Russland sogar Europa anführen, da ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) schneller wächst als das der übrigen Staaten der Alten Welt.

E7, die neuen G7?

Aber einmal langsam: Der PwC-Bericht zeigt eine Haupttendenz. Während die Top Fünf der Weltmärkte bislang von den G7-Staaten USA, Japan und Deutschland angeführt werden, bleiben 2050 allein die USA in diesem vorderen Feld übrig. China, welches schon heute den Spitzenplatz innehat, verteidigt diesen weiter. Indien steigt von Platz drei auf zwei. Neu im Besten-Rennen sind dann Indonesien und Brasilien. Und direkt darauf folgt dann schon Russland, das stoisch und stabil auf Position sechs bleibt, nach 2030 allerdings auch als erstes europäisches Land, denn Deutschland wird abrutschen und 2050 auf Platz neun hängen bleiben.

Der Vergleich zwischen G7 (außerdem noch Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien) und E7 klingt derweil beeindruckend: 1995 umfassten die wirtschaftlich E7 zusammen gerade einmal die Hälfte der Wirtschaftsleistung der G7, 2015 sind beide bereits auf annähernd demselben Niveau und schon 2040 soll sich das Blatt gewendet haben und die E7 zwei G7-Wirtschaften darstellen.

Das PwC-Dokument bestärkt, dass die Weltwirtschaft sich bis 2050 auch insgesamt verdoppeln könnte: mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,6 Prozent, dessen Motoren eben jene E7 seien, die die G7-Staaten in ihrer globalen Bedeutung langsam ablösen könnten. Vorausgesetzt, so heißt es im Bericht-Fazit, es bleibe bei der „weit verbreiteten wachstumsfreundlichen Politik“, ohne eine langfristige Rückkehr zum Protektionismus oder andere „die Zivilisation gefährdenden Katastrophen“. Dann könnte nicht nur Russland – womöglich schon im Jahr 2030 – Deutschland überrunden, sondern sogar Mexiko, dem erstmals ein Platz unter der Sonne der zehn erfolgreichsten Wirtschaften der Welt winkt.

Herausragendes Absprungpotential sieht PwC auch in den Philippinen (von Platz 28 auf 19) und erst recht in Vietnam von Platz 32 im Jahr 2016 bis 2050 auf Platz 20 springen könnte.

Hoffen mit Einschränkungen

Das alles klingt verlockend zuversichtlich, aber Experten wie der Politologe und Wirtschaftswissenschaftler Alexander Rasuwajew  vom Analyse-Zentrum der Firma „Alpari“ warnen vor allzu großen Hoffnungen: „Langfristige Prognosen von Finanz- und Consulting- Firmen erfüllen sich sehr selten“, schreibt Rasuwajew für das Politik-Portal Nalin.ru. „Wir leben in einer sehr dynamischen Welt.“ Seiner Ansicht nach erwartete niemand, dass Russland schon fünf Jahre nach der Krise 1998 wieder ins Moody’s Rating komme und „gar zu einem der attraktivsten Finanzmärkte der Welt“ wird. Am interessantesten an dem ganzen Bericht sei dessen Einschätzung der aktuellen Lage. Für die Zukunft seien aber vor allem die Sanktionen beziehungsweise deren Aufhebung, die künftige Inflation, die tatsächliche BIP-Dynamik und die jeweilige Analyse-Methode ausschlaggebend. Bislang könne also nichts versprochen werden.

Übrigens hatte es schon früher ähnliche Einschätzungen gegeben: 2010 meldete das Forbes-Magazin, dass Goldman Sachs Russland bei seiner Global Strategy Conference in London als attraktivstes Land der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) einschätzte. Schon damals sei das russische BIP sogar schneller gewachsen als das Brasiliens und Indiens.

Peggy Lohse

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