Das Geschäft mit dem süßen Rauch

Nachdem die Duma ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie verhängte, setzten einige Unternehmer auf ein alternatives Konzept: die Wasserpfeifen-Bar. Auch vier junge Moskauer meinten, eine Marktlücke entdeckt zu haben. Dabei lief nicht alles für sie nach (Business-)Plan.

Shisha

Konzept Shisha-Bar: Die Pfeife wird bezahlt, der Rest mitgebracht / Christopher Braemer

Es ist spätnachts und in der Luft schwebt ein fruchtig-süßlicher Duft. Die kleinen Grüppchen in dem dunklen Raum unterhalten sich nur noch gedämpft. Wiktor Chabusow nimmt einen tiefen Zug aus dem neongrünen Schlauch, der an einer orientalisch verzierten Pfeife hängt. „Eigentlich war es nur so eine fixe Idee”, sagt er. Vor etwa anderthalb Jahren eröffnete der junge Moskauer zusammen mit drei Freunden hier in der Marossejka-Straße, wenige Gehminuten vom Roten Platz entfernt, die Shisha-Bar „Smog“.

Der Laden hat seitdem schon zwei Mal den Besitzer gewechselt. „Wir waren unerfahren und hätten es von vornherein ganz anders aufziehen sollen“, sagt sein Freund und ehemaliger Geschäftspartner Jaroslaw Kaschanow, bevor er etwa ein Dutzend kleiner Ringe gefühlvoll in die Luft haucht. Sie schweben eine gefühlte Ewigkeit in der Luft, bevor sie von der riesigen Abzugsanlage an der Decke aufgesogen werden.

In der russischen Hauptstadt schießen Shisha-Bars seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden – spätestens seit dem Anti-Tabak-Gesetz der Duma vom Juni 2014, das den Groll sämtlicher Gastwirte von St. Petersburg bis Wladiwostok auf sich ziehen sollte (siehe unten). Es war so etwas wie die Initialzündung des Booms einer ganzen Szene, die ausschließlich den Wasserpfeifen gewidmet ist. Offiziell darf es hier kein Essen und keine Getränke geben, so will es das Gesetz. Auf Russisch heißen diese Shisha-Bars „Kaljannaja“. Das Flair der russischen Variante zeichnet sich dadurch aus, dass die Bars wie eine herkömmliche Wohnung eingerichtet sind. Auf Teppiche wird in den großen Räumen, sogenannten „Lofts“, ganz verzichtet. Damit stehen sie im Kontrast zu den deutschen Shisha-Bars im orientalischen Stil. Heute gibt es kaum eine Straße in der Hauptstadt, in der nicht mit dem süßen Fruchttabak geworben wird. Dabei sollte das Gesetz doch eigentlich das Gegenteil bewirken.

Das Tabak-Verbot

Das Föderale Gesetz „Zum Schutz der Gesundheit der Bürger durch die Beeinträchtigung von Tabakrauch und den Folgen des Tabakkonsums“ untersagt das Rauchen ausnahmslos an allen Orten, an denen zugleich gespeist und getrunken wird. Dabei wird nicht gesondert zwischen Zigaretten und Wasserpfeifen unterschieden, betroffen ist Tabak-Konsum jeglicher Art. Shisha-Bars fingieren daher meist als „geschlossener Klub zum Genuss von Tabak“, die Mitgliedern vorbehalten sein sollen. Speisen und Getränke werden in ihnen offiziell nicht verkauft.

Wiktor und Jaroslaw kennen sich schon seit der achten Klasse. Der Ökonomie- und der Physikabsolvent wohnen bis heute nur ein paar Plattenbauten voneinander entfernt. In der Uni kamen dann Max und Mischa dazu. An einem Abend in ihrer Lieblings-Shisha-Bar stand der Beschluss schnell fest: Sie wollten es selbst versuchen. Als ein Makler dann die ideal gelegene Dreizimmer-Wohnung im Herzen Moskaus vermittelte, ging alles ganz schnell. Ein Businessplan wurde erstellt, die „IP Limehouse“ als Einzelunternehmen gegründet. Mit einem Startkapital von knapp 800 000 Rubel (etwa 11 000 Euro) wurden die ersten beiden Mieten, Rohre für die Abzugsanlage, eine Pumpe, Europaletten, der Ikea-Einkauf sowie eine Handvoll Wasserpfeifen inklusive Zubehör bezahlt. Über eine Onlineanzeige fanden sie noch einen geräumigen Kühlschrank, der in einer Hauruckaktion aus dem vierten Stock eines Plattenbaus im Süden Moskaus mit einem Pkw ins Stadtzentrum transportiert wurde. Dafür war er kostenlos.

Nach etwa drei Wochen eröffnete schließlich das „Smog“. Es gab regelmäßige Partys mit Freunden und Bekannten, Pokerturniere und Karaokeabende. „Wir hatten eine Wohnung mitten im Zentrum, konnten kommen und gehen, wann wir wollten. Es war schon eine wilde Zeit“, sagt Viktor mit einem Schmunzeln.

Doch nach der Gründung verlief nicht alles nach Plan, der Laden warf kaum Gewinn ab. Anfang des Sommers blieben dann auch noch die Kunden aus. „Es ist unglaublich hart, in dieser Branche Geld zu verdienen“, blickt Jaroslaw heute zurück.

Shisha

Rauchschwaden vernebeln einem ordentlich die Sicht. Es ist bereits nach Mitternacht / Christopher Braemer

Auch Michail Poljakow und Jewgenij Artemjew sprangen auf die Gründerwelle nach dem Rauchverbot auf. Sie gingen jedoch einen anderen Weg und erwarben die Namensrechte der bereits bekannten Ketten „Hookah Place“ und „Nargilia“. Die Kundschaft wurde schnell aufmerksam, jedoch müssen bis heute rund zehn Prozent der Einnahmen an den Urheber abgegeben werden. „Es ist und bleibt ein Hobby. Reich wird man davon nicht“, gestehen die beiden Unternehmer, die tagsüber ganz normalen Berufen nachgehen. Die Herausforderung der Branche bestünde vor allem darin, das Geschäft am Laufen zu halten. Um Gewinn zu machen, müsse man gleichzeitig zwei bis drei Shisha-Bars mit einem ganz eigenen Konzept unterhalten.

Wiktor und seine Freunde entschieden sich zum Verkauf, als dann ein verlockendes Angebot für das „Smog“ vorlag. „Anfangs ging alles sehr schnell. Doch letztendlich fehlte uns die Ausdauer, das über einen langen Zeitraum durchzuziehen“, resümieren Wiktor und Jaroslaw, während sie die letzten, süßen Züge aus der Pfeife inhalieren. „Eigentlich rauchen wir nur gerne Shisha“, sagen sie. Was ihnen bleibt, ist die Erfahrung und die Freundschaft.

Christopher Braemer

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