Ein geschenktes Leben

Wie überleben gemeinnützige Stiftungen in Russland in Zeiten des rigorosen Gesetzes über Nichtregierungsorganisationen? Die Stiftung „Schenke Leben“ beweist, dass es irgendwie geht.

Lanin_Dmitry

Eine Mitarbeiterin von „Schenke Leben“ bei der Arbeit / Verein „Schenke Leben“

In diesem Sommer hat es für viele gemeinnützige Stiftungen in Russland einen Lichtblick gegeben. Am 2. Juni 2016 unterzeichnete Wladimir Putin ein Gesetz, das die Art der politischen Tätigkeit einer Nichtregierungsorganisation (NGO) näher bestimmt. Organisationen, die einer Wohltätigkeit nachgehen und ihr Geld aus dem Ausland erhalten, werden nicht wie bisher als „ausländische Agenten“ behandelt. 

Zuvor stufte das umstrittene Gesetz jede NGO, die einer politischen Tätigkeit nachging, als „ausländischen Agenten“ ein, sofern sie Gelder aus dem Ausland erhalten. „Politische Tätigkeit“ war dabei ein recht dehnbarer Begriff. Praktisch alles konnte politisch motiviert sein.

Zahlreiche Wohltätigkeitsorganisationen haben gegen diesen Gesetzesentwurf protestiert. Nun macht die Regierung um NGOs im Bildungs-, Sozial- und Medizinbereich einen weiten Bogen. Eine von ihnen ist die gemeinnützige Stiftung „Schenke Leben“, die Kindern mit Krebserkrankung hilft. Wenn keine Ausnahmen zugelassen worden wären, dann hätte die Organisation ihren guten Ruf verloren. Die größte Summe an Geldern fließt nämlich aus dem Ausland. Diejenigen, die den Status der „ausländischen Agenten“ tragen, müssen sich beim Justizministerium registrieren und regelmäßig Rechenschaftsberichte abliefern. Das wiederum setzt weitere Buchhalter voraus. Zusätzliche Gelder, die im Alltag einer NGO wie „Schenke Leben“ fehlen.

Von den Schauspielerinnen Tschulpan Chamatowa und Dina Korzun gegründet, kommt die NGO „Schenke Leben“ erfolgreich auch ohne staatliche Mittel aus. Die Direktorin der Stiftung, Ekaterina Tschistjakowa, berichtet, dass die NGO noch keine Erschwernis seitens der Regierung erfahren habe. „Wir haben bis jetzt nur einmal eine staatliche Hilfe erhalten. Es waren 700 000 Rubel. Wir haben es für die Herstellung einer Informationsbroschüre für Spender verwendet“, erzählt Tschistjakowa. „Wir denken, dass staatliche Gelder nicht für die Beihilfen von medizinischen Stiftungen verschwendet werden dürfen, stattdessen sollen sie direkt in die Heilung von Kindern fließen.“ Die eigentlichen Spender seien Privatpersonen. Manche spenden Jahr ein, Jahr aus. „Wir schätzen uns glücklich, dass wir solch ein Vertrauen ernten und halten uns an unserem Vorsatz, vollkommen transparent zu sein.“

Heute erlebt Russland einen regelrechten Wohltätigkeits-Boom. Doch das war nicht immer so. „In den 90er Jahren wollte keiner was von Wohltätigkeit hören. Das Vertrauen in Stiftungen war verschwindend gering, aufgrund zahlreicher Betrüger“, so die Direktorin. Erst mit den Jahren habe sich das Verhältnis zur Wohltätigkeit grundlegend geändert. „Es ist zwar immer noch keine Norm in unserem Land zu spenden, aber es wird besser.“

Die Heilung krebskranker Kindern wäre ohne die Hilfe von „Schenke Leben“ nur schwer vorstellbar. Sie greifen dort ein, wo der Staat versagt. Die NGO sammelt Geld, finanziert die Operation im Ausland und zahlt die Kosten für eine Kur.

Spenden kann jeder. Selbst ein kleiner Betrag per SMS kann viel bewirken. Es gibt auch die Möglichkeit Knochenmark zu spenden oder sich ehrenamtlich einzusetzen. Eine von vielen Ehrenamtlichen ist Inga Nesterowa. Sie kommt ein paar Mal im Monat ins Morosowskij-Kinderkrankenhaus. Sie liest, spielt und redet mit den Kindern. „Die Entscheidung, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist spontan gefallen. Und ich bin froh, hier zu sein“, erzählt Inga. „Diese Kinder brauchen kein Mitleid. Sie sind wie alle anderen Kinder auch, sie wollen spielen, lachen und etwas lernen.“

Ljubawa Winokurowa

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