Der Zweite Weltkrieg muss wiederholt werden

Achtung, Satire! Die Aufarbeitung des russischen Staatsdopings steht möglicherweise erst am Anfang, sie lässt nicht nur die Ergebnisse olympischer Spiele, sondern auch anderer Großereignisse in neuem Licht erscheinen, wenn man die Affäre nur zu Ende denkt. Wer weiß, wo die Russen noch alles gedopt haben.

Doping

Ein Tänzchen: Soldaten der Roten Armee 1945 in Berlin. / RIA Novosti

Muss die Geschichte des 20. Jahrhunderts umgeschrieben werden? Angesichts der jüngsten Dopingenthüllungen gegen Russland ist das nicht auszuschließen. Jedenfalls mehren sich – zwinker, zwinker – Forderungen, die Spur der Verstöße weiter zurückzuverfolgen, als dies bisher geschehen ist. Ein deutscher Politiker, der „vorerst“ anonym bleiben möchte, sagt: „Jetzt muss alles, aber wirklich alles auf den Prüfstand!“ Sollte sich herausstellen, dass es der Russe auch beim Zweiten Weltkrieg mit dem Fairplay nicht so genaugenommen habe, dürften andere, die im Glauben an ein ehrliches Kräftemessen um den Sieg betrogen worden seien, nicht länger die Leidtragenden sein. Die Beweislage sei zwar dünn, doch wie schon ein altes Sprichwort besage: „Wer einmal lügt, dem glaubt man auch nachträglich nicht.“

Hinweise auf unsportliche Methoden der Roten Armee hatte es über die Jahre immer wieder gegeben. Deutsche Soldaten berichteten, wie sich die Russen gewehrt hätten, sei „nicht normal“ gewesen. Aber Doping? Man habe sich bisher nicht getraut, es offen auszusprechen, meint einer, der als Landser beim Halbfinale in Stalingrad dabei war, das Finale in Berlin dann wegen einer Verletzung nur auf der Auswechselbank miterlebt hatte. Sollte an den Mutmaßungen allerdings etwas dran sein, hielte er das für eine „Riesensauerei“. Bei der Wehrmacht habe man sich höchstens mit „Mein Kampf“ aufgeputscht, das damals ja aber noch nicht auf der Dopingliste zu finden gewesen sei. Was für verbotene Substanzen dagegen den Russen in ihre 100 Gramm Frontwodka gemischt worden seien, habe er sich nicht nur einmal gefragt.

Ein Sprecher der Welt-Anti-Doping-Agentur verneinte auf Anfrage, dass Sonderermittler Richard McLaren, der Russland erst kürzlich in einem Bericht des „Staatsdopings“ bezichtigt hatte, bereits mit neuen Vollmachten ausgestattet worden sei, um nun auch in Sachen Zweiter Weltkrieg tätig zu werden. Die WADA gab sich jedoch „sehr besorgt“, dass es sich bei den von McLaren untersuchten aktuellen Vorfällen möglicherweise nur um die „Spitze des Eisbergs“ handeln könnte, und richtete einen Appell an Moskau: Angesichts der Schwere des Verdachts erwarte man „vorbehaltlose Kooperation“.

Was könnten die Konsequenzen sein, falls Russland Wettbewerbsverzerrung im größtmöglichen Stil nachgewiesen werden sollte? Sportrechtler halten es für das Beste, den Zweiten Weltkrieg zu wiederholen, nur das erlaube einen sauberen Schlussstrich, weil damit erstens Zweit- und Drittplatzierte aufrücken können und zweitens auch Verlierer eine neue Chance erhalten.  Alternativ könne Russland der Sieg – nebst aller Prämien wie zum Beispiel Kaliningrad – am grünen Tisch aberkannt werden, was jedoch einen langwierigen Prozess voraussetze, zu dessen Ausrichtung sich dem Vernehmen nach die Stadt Nürnberg allerdings schon bereiterklärt hat.

Unter Experten umstritten sind posthume Sperren gegen die wahrscheinlichen Hintermänner in dieser Affäre, von Stalin bis Schukow. Ebenfalls als wenig probates Mittel gilt es, empfindliche Strafen nicht rückwirkend zu verhängen, sondern auf heutige Wettkämpfe anzuwenden. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang, Russlands Militär von der Teilnahme an den Sy­rian Open auszuschließen oder zu beauflagen, unter neutraler Flagge anzutreten. Aber dass das Internationale Olympische Komitee solche Maßnahmen durchsetzen kann, scheint fraglich.

Jedenfalls dürfte uns das Thema auch im Jahr 2017 weiter begleiten. Die Geschichte hat alles, was in unserem postfaktischen Zeitalter die Gemüter bewegt.

 

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