Ökonomie der Wahlen: Für wen sich die Abstimmung auszahlt

Die liberale Partei „LDPR“ sorgt für eine Statistik, die mal ausnahmsweise nicht von der Regierungspartei dominiert wird. Diese wiederum trickst mit den Spenden. Was die Parteien vor den Duma-Wahlen ausgeben – und was sie verdienen.

2922541 27.08.2016 Агитационная реклама в Симферополе перед выборами в Госдуму РФ седьмого созыва. Сергей Мальгавко/РИА Новости

Wahlwerbung der LDPR in Moskau: Die Liberalen sorgten mit ihrer Kampagne für einen Ausgabenrekord / RIA Nowosti

Es herrscht wie gewohnt geschäftiges Treiben auf dem alten Arbat, doch Anspannung ist keine zu spüren in den letzten Tagen vor den Duma-Wahlen. Das Bemerkenswerte: Es gibt so kurz vorher kein einziges Wahlplakat in jener Fußgängerzone, die als eine der ältesten Straßen Moskaus gilt. Sind die Kampagnen also überflüssig?

Was kostet die Wahl?

„Nein“, lautet die Antwort der Partei, deren Ausgaben die der Regierungspartei bei Weitem überstiegen: Die liberale “LDPR” war laut einem Ranking des zentralen Wahlkommission „ZIK“ mit 528 Millionen Rubel (etwa 7,3 Millionen Euro) mit Abstand Spitzenausgeber. Davon gab man ganze 5,8 Millionen für Printmaterial, wie Publikationen des Spitzenkandidaten Wladimir Schirinowskij sowie Plakatwerbung aus, gefolgt von Fernsehwerbung mit 877000 Euro. Insgesamt 23,8 Millionen Euro ließen sich die Parteien ihre Wahlkampagnen vor dem Urnengang am 18. September rund kosten. Demgegenüber stehen Einnahmen in Höhe von 27,4 Millionen Euro seit März des laufenden Jahres durch Parteispenden.

Überraschenderweise an dritter Stelle liegt  die Regierungspartei “Einiges Russland” mit 3,9 Millionen Euro im Ausgaben-Ranking, nach der LPRD und “Gerechtes Russland” (4,1 Millionen). Trotzdem  bestätigte die Regierungspartei ihre Dominanz in den Staatsmedien, ganze 2,5 Millionen flossen in die TV-Kampagne – fast dreimal mehr als sich die Liberalen die Zeit auf dem Bildschirm kosten ließen. Laut Ella Pamfilowa, der Vorsitzenden des zentralen Wahlkomittees stehen jeder der 49 an der Wahl teilnehmenden Partei auf verschiedenen föderalen Ebenen 70 kostenlose Stunden Fernsehwerbung zur Verfügung.

An vierter Stelle der Ausgaben liegt mit „Jabloko“ um Spitzenkandidat Grigorij Jawlinskij eine aktuell nicht in der Duma vertretene Partei. Von 3,1 Millionen Euro flossen 1,3 Millionen in Druckerzeugnisse sowie 1,1 Millionen in TV-Sendezeit. Demgegenüber stehen beachtliche 5,7 Millionen Euro Einnahmen. Einer der Hauptsponsoren war dabei die OOO “Elit Stail” um den Bau- und Energiemagnaten Wjatscheslaw Lakomkin. Dahinter liegen “Rost” um Geschäftsmann Boris Titow mit 2,4 Millionen (Platz fünf) und die sich überraschend zurückhaltende Kommunistische Partei „KPRF“ mit vergleichsweise milden Kosten in Höhe von  1,8 Millionen Euro. Laut Sekretär des Zentralkomitees, Juri Afonin, ging der Hauptanteil in die Unterstützung der Regionalbüros – nur 25000 Euro flossen ins Fernsehen. Der spendabelste Außenseiter war die oft mitleidenswert belächelte Partei „Parnas“ mit einer Kampagne im Wert von 411000 Euro. „Kommunisten Russlands“, „Rodina“, „Russische Partei der  Rentner für Gerechtigkeit“, „Grüne“ und „Patrioten Russlands“ investierten jeweils weniger als 70000 Euro. Spenden dürfen NGOs, Stiftungen, private Spender und Unternehmen, – denen „versteckte Haushaltsfinanzierung“ vorgeworfen wird. Denn für Parteispenden winken Staatsaufträge in Millionenhöhe. Oftmals erhalten die großzügigen Spender im Gegenzug lukrative staatliche Aufträge. So erhielt „Volgostalkonstruktsiya“ für eine 7000 Euro Parteispende 2015 Aufträge, die mehr als 26 Millionen Euro dotiert waren. “Magnitorskij Metallbau” bekam für 411000 Euro Parteispenden 91 Staatsaufträge über 68,5 Millionen.

Ausländische Sponsoren sind zwar laut Gesetz verboten, doch dieses kann umgangen werden. Hinter in Russland registrierten Unternehmen, stecken oft Offshore-Gesellschaften mit Hauptsitz in Zypern, den Britischen Jungferninseln oder im US-Bundesstaat Delaware. Während die LDPR-Lobby bekannt sind, verstecken sich die Geldgeber von “Einiges Russland” hinter regionalen Fonds auf der ZIK-Liste.

Und was bringt die Wahl ein?

Jeder Partei mit mehr als drei Prozent Gesamtstimmenanteil, winkt ein lukrativer Deal: Ganze 110 Rubel jährlich aus dem Staatspott für jede Stimme. Das sind hochgerechnet auf fünf Jahre bis zur nächsten Wahl immerhin 550 Rubel (rund 7,50 Euro) pro Wahlzettel. Bis 2015 gab es nur halb so viel. Dies gelang von den nicht im Parlament vertretenen Parteien nur “Jabloko”.  Doch diese muss den Trick mit den Parteispenden – wie die anderen Außenseiter – wohl erst noch richtig lernen.

Christopher Braemer

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