„Der Rückgang scheint gestoppt“

Die kleinen Freuden deutscher Logistikfirmen auf der Transrussia in Moskau

Die Transrussia ist Russlands größte Logistikmesse. Ihre diesjährige Auflage Mitte April fiel in eine geschäftliche Dürrezeit. Trotzdem hatte Deutschland in Moskau wieder einen eigenen Pavillon mit einem Dutzend Ständen. Die MDZ hat Aussteller nach dem Stand der Dinge gefragt.

Stefan Schröder, Logistics Alliance Germany, Projektleiter

Die politischen Sanktionen und der schwache Rubel sorgen dafür, dass sich Importe für Russland stark verteuert haben. Es wird weniger konsumiert, darunter leidet die Logistik. Der Containerverkehr zwischen Russland und dem Ausland ist eingebrochen, um 25 bis 30  Prozent. Die Situation ist fast mit der Weltwirtschaftskrise von 2008 zu vergleichen.

Inzwischen gibt es Anzeichen, dass die Geschäfte wieder anziehen. Zumindest der Rückgang scheint gestoppt. Im ersten Quartal 2016 hatte der Containerverkehr ein Wachstum zu verzeichnen. Grundsätzlich ist Logistik wie Wasser und findet immer ihren Weg.

Die Transrussia: Auf dem Moskauer Crocus-Expo-Gelände wurde auch Deutsch gesprochen. / Tino Künzel

Die Transrussia: Auf dem Moskauer Crocus-Expo-Gelände wurde auch Deutsch gesprochen. / Tino Künzel

Was in letzter Zeit noch vergleichsweise gut gelaufen ist, sind Stückgüter, Kohle und Holz beispielsweise. Russland hat ja viele Rohstoffe, aber leider im Export auch nicht viel mehr zu bieten als das. Es ist Deutschlands zweitgrößter Handelspartner – jedoch fast ausschließlich durch Öl und Gas. Für die Logistik passiert da nicht viel an Wertschöpfung.

Unsere Branche ist von gewaltigen Veränderungen geprägt. Alle stehen vor den gleichen Herausforderungen. Die Kunden wollen Haus-zu-Haus-Lösungen. Wenn wir unsere Kräfte mit den russischen Partnern zusammenlegen, kommt das dem Handel zugute.

Die Transrussia ist eine gute Plattform, allerdings nach wie vor relativ transportlastig, während bei den deutschen Ausstellern ja eher die Logistikdienstleistungen im Vordergrund stehen. Das ist ein Spiegelbild des Marktes.

Ich bin überrascht, dass es so wenige Aussteller aus Westeuropa gibt. Es sind die Deutschen, die Skandinavier, die Balten, die sich hier präsentieren. Der Ostseeraum ist das verbindende Element.

Stark vertreten sind die Chinesen. Vielleicht nicht so prominent wie wir Deutschen, aber da sollte man sich nicht täuschen lassen. Die chinesischen Unternehmen sind hier sehr agil, mit einem Fokus auf Projekte rund um das Thema Neue Seidenstraße. Die machen einen guten Job. Der Wettbewerb ist in vollem Gange.

Viktoria Mylnikowa, InterRail Europe, Marketingleiterin für Russland

Die Messe hat 15 Prozent weniger Besucher als vor einem Jahr. Auch der Rückgang an Ausstellern ist spürbar. Viele Unternehmen stellen unter den heutigen Vorzeichen sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand und sparen unter anderem an Messeteilnahmen. Aber das ist ja auch keine Lösung. Gerade Messen können die Geschäfte ankurbeln. Unsere Hoffnungen sind auf der Transrussia diesbezüglich auch nicht enttäuscht worden, wobei ich drei Faktoren hervorhaben würde, die typisch für die allgemeine Lage sind: 1. Keiner hat Geld. Das führt zu einem starken Preisdumping. 2.  Die Wenigsten können die Einhaltung von Fristen garantieren. 3. Alle kämpfen um nennenswerte Volumen und damit um Rentabilität.

Uwe Bäßgen, Hafen Rostock, Abteilungsleiter Hafenlogistik

Wir sind mit anderen Häfen aus Mecklenburg-Vorpommern als Gemeinschaftsstand nach Moskau gekommen, obwohl das Russlandgeschäft bei vielen deutlich rückläufig ist. Da fragt man sich natürlich, ob sich der hohe Aufwand einer Messebeteiligung überhaupt rechtfertigt. Ich habe mir ehrlich gesagt wenig von unserer Präsenz hier versprochen, dann ist die Messe aus meiner Sicht auch noch schwach angelaufen. Aber dann haben wir als Rostocker Hafen doch sehr konkrete Gespräche geführt, die über das Kennenlernen hinausgingen. Das kann in Geschäfte münden. Was eine Messe bringt, sieht man meist erst hinterher.

Die Ostseehäfen haben eine lange Tradition, was den Verkehr mit Russland und dem Baltikum betrifft. Nach der Wende hat es dann einen deutlichen Einbruch gegeben, unser Hafen wurde umstrukturiert. Wir haben den Verkehr nach Skandinavien und Finnland ganz stark ausgebaut. Nach St. Petersburg existiert im Augenblick keine Direktverbindung mehr.

Wir haben aber ein großes Interesse daran, dieses Geschäft wieder zu verstärken, sowohl im Fährbetrieb als auch bei RoRo-Schiffen. Unsere Ostseehäfen stellen ja die kürzeste Verbindung zwischen Deutschland und Russland dar, es ist meines Erachtens auch der natürliche Weg, dass man in der Ostsee bleibt. Die Ladung kann von Rostock aus sternförmig gut verteilt werden, ob nun ins Ruhrgebiet oder auch nach Österreich und Italien.

Insgesamt bin ich mit unserer Messeteilnahme zufrieden, das war der richtige Schritt. Auch früher war die Resonanz hier mal mehr, mal weniger groß. Jetzt habe ich so ein bisschen das Gefühl, dass es langsam wieder aufwärts geht. Ich kenne aber auch Kollegen, die teilen diesen Eindruck nicht.

Wenn man etwas erreichen will, muss man beharrlich sein. Ich finde, der Kontakt zu unseren Partnerfirmen hier darf nicht abreißen.

Alexander Aumüller, Sennebogen Maschinenfabrik, Gebietsverkaufsleiter

Wir sind in Russland Marktführer bei sogenannten Umschlagbaggern, wie man sie in Häfen, aber auch in der Stahl-, Holz- oder Schrottwirtschaft einsetzt. Früher haben wir 60 bis 70 Bagger pro Jahr nach Russland verkauft, jetzt sind es nur noch um die 30 und mit weniger Profit, weil alle sich in dem kleiner gewordenen Markt drängeln. Die Preise sind in den Keller gegangen. Wenn man in der Vergangenheit am Verkauf verdient hat, dann ist man heute froh, wenn unterm Strich eine Null steht und man das Geld mit dem Service macht.

Sewerstal, ein großes Metallurgieunternehmen und traditioneller Abnehmer von europäischer beziehungsweise deutscher Technik, greift inzwischen zu russischen Pendants. Die kosten nur ein Drittel, haben dafür aber auch eine viel geringere Lebensdauer. Doch das ist zunächst nicht das Hauptkriterium.

Zum 1. Januar hat Russland nun auch noch eine „Recyclinggebühr“ eingeführt, die Importprodukte zusätzlich verteuert. Die Lage ist also schwierig, aber nicht aussichtslos, würde ich sagen. Es dauert sicher noch ein bis zwei Jahre, bis wieder Normalität einkehrt. Leichte Bewegung ist schon jetzt zu erkennen. Der Markt hat trotz allem Potenzial. Wenn allerdings die Politik so weiter gefahren wird wie bisher, dann trifft uns das erheblich.

Aufgeschrieben von Tino Künzel

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: