Aufgelesen: Hier finden Bücherwürmer deutschen Lesestoff

Russland sei eine Lesenation, heißt es gemeinhin. Im Schnitt lesen Russen 6,49 Bücher im Quartal, so eine Studie des Meinungsforschungsinstituts WZIOM. Doch anscheinend schmökern sie am liebsten nur auf Russisch. Bücher in Originalsprache sind rar. Doch es gibt sie, die Inseln der Bibliophilie, wo einige Regale auch mit deutscher Literatur gefüllt sind.

Dich Buchhandlung „Tschtez“ führt deutsche Literatur im Sortiment. /Foto: Katharina Lindt

In der Bolschaja-Tatarskaja-Straße 28 versteckt sich in einem unscheinbaren fünfstöckigen Haus die Buchhandlung „Tschtez“, was zu Deutsch „Der Vorleser“ heißt. Da horcht ein Büchernarr auf. Denn wenn er Glück hat, findet er hier eine gebrauchte Ausgabe des gleichnamigen Romans von Bernhard Schlink.

Die Regale sind bis zur Decke mit antiquarischen und zeitgenössischen Büchern gefüllt. Ihre Rücken strahlen und knurren um die Wette: Schmöker in mir! Mehrere Sofas laden zum Verweilen ein, um im ausgesuchten Lesestoff zu blättern. Von Geschichte und Belletristik über Freizeit bis hin zu historischen Wörterbüchern bietet die Buchhandlung alles, was ein Bibliophiler sich nur wünschen kann. Auch in deutscher Sprache. Sollte sich mal das Objekt der Begierde nicht in der kompakten Buchhandlung befinden, dann „helfen wir bei der Suche“, sagt Inhaberin Jekaterina Klimowa. Seit zwölf Jahren handelt sie mit antiquarischen Büchern. Das Handwerk lernte sie bei ihrem Vater, der in der Sowjetunion zu den Bekanntesten seiner Zunft gehörte.

In „Tschtez“ kann man Raritäten und Kunstdrucke finden. /Foto: Katharina Lindt

Dass sich mal Deutsche hierher verirren, sei keine Seltenheit. Neben Kafka und Rilke suchen manche Menschen eine exotischere Lektüre. „Neulich erst war eine Kundin bei uns, die sich für historische Bücher über die deutsche Kaufmannsgeschichte in Russland interessiert“, erzählt Klimowa. Solche Raritäten in Frakturschrift seien manchmal als Beute nach dem Zweiten Weltkrieg mitgenommen worden. Manche Bücher gelangten auf anderen Wegen in die Bibliotheken der russischen Intelligenzija. Auf die hat es das Team um Klimowa nämlich abgesehen. Wenn Enkel diese erben und dann zum Verkauf anbieten. Die Preise der Bücher rangieren zwischen ein paar Hundert und einigen Tausend Rubel.

Haus der ausländischen Bücher

Wer den Geruch von druckfrischen Büchern vorzieht, wird sicherlich im „Haus der ausländischen Bücher“ fündig. Die Buchhandlung am Kusnezkij Most 18 versorgt seit 1936 Moskauer mit literarischer Ware. Zwar dominieren englischsprachige Publikationen, doch auch deutsche Druckerzeugnisse zieren die dunklen und massiven Holzregale. Wer die russische Klassiker auf Deutsch lesen möchte, hat hier eine reiche Auswahl: Von Dostojewskij bis Tolstoi findet man alles. Auf der zweiten Etage stehen ausladende und bequeme Ledersessel. So kann man in uriger Atmosphäre und bei einer Tasse Kaffee Stunden verbringen. Doch spätestens amLadentisch kommt die Bescherung: Bücher sind hier wesentlich teurer als in Deutschland.

Buchhandlungen der Museen

Doch nicht immer sind es Romane, die Leseratten verschlingen wollen. Sachbücher zu Kunst, Design, Philosophie und Geschichte gibt es auch in Museen zu kaufen. In die Verkaufsregalen verirren sich ab und an deutsche Exemplare. Beispielsweise im Moskauer Stadtmuseum am Subowskij Bulwar 2 oder im Museum Garage, das sich im Gorki-Park befindet. Beide Institutionen setzen neben Standardwerken auch auf seltene und ungewöhnliche Editionen.

Internationale Presse

Schlechter steht es dagegen um Presseerzeugnisse. Sie sind Mangelware in Moskau. Wenn man einen kleinen Kiosk in den Unterführungen findet, der ausländische Zeitungen und Magazine verkauft, dann zu horrenden Preisen. Im Laden „Inostrannaja Pressa“ an der Metrostation „Bagrationowskaja“ geht das GEO Magazin für 1000 Rubel (rund 14 Euro) über die Theke. Und einen unfreundlichen Blick seitens der Verkäuferin gibt es hier inklusive, wenn man mehr als ein paar Zeitschriften durchblättert.

Bibliothek des Goethe-Instituts

Allein aus diesem Grund empfiehlt es sich, einen Ausweis beim Goethe-Institut am Lenin-Prospekt 95a ausstellen zu lassen. In der hauseigenen Bibliothek gibt es nicht nur die aktuelle Presse zum Ausleihen, sondern auch zeitgenössische deutschsprachige Literatur. Für die kalten Tage genau das Richtige, um sich mit einem guten Buch zu verkriechen.

Übersetzer als Agenten: Damit wir uns besser verstehen

Katharina Lindt 

Newsletter

    Wir bitten um Ihre E-Mail: