Arbeitsgesetzgebung: aktuelle Rechtsprechung

Die MDZ-Kolumne der Anwaltskanzlei Balashova Legal Consultants.

Alles rechtens, die neue Rechtskolumne. /Foto: flickr/Dennis Skley.

Der gerichtliche Präzedenzfall wird in Russland als Rechtsquelle nicht anerkannt. Lediglich die Positionen der obersten Gerichte werden in einzelnen Fragen von den nachgeordneten Gerichten mitberücksichtigt. In der Arbeitsgesetzgebung gibt es viele interpretationsbedürftige Regelungen und Lücken. Die Beschlüsse der obersten Gerichte helfen bei der Aufklärung komplizierter Fälle. Infolgedessen berücksichtigen praktizierende Juristen immer aktuelle Tendenzen in der Rechtsprechung.

In diesem Artikel werden aktuelle Beschlüsse des Obersten Gerichtes der Russischen Föderation in Arbeitsrechtsachen besprochen, die sowohl die Praxis beeinflusst als auch eine Diskussion in Juristenkreisen ausgelöst haben.

Wiedereinstellung schwangerer Frauen

Die russische Arbeitsgesetzgebung lässt u.a. die Möglichkeit der Aufhebung des Arbeitsvertrags auf Initiative einer der Vertragsparteien oder im Einvernehmen beider Vertragsparteien des Arbeitsverhältnisses zu. Dabei ist es verboten, schwangere Frauen auf Initiative des Arbeitgebers zu entlassen (eine Ausnahme davon bildet die Liquidation der Gesellschaft). Selbstverständlich kann einer schwangeren Frau auf eigenen Wunsch hin oder gemäß der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber gekündigt werden.

Früher wies das Oberste Gericht der RF in der Entscheidung des Plenums Nr. 2 vom 17. März 2004 darauf hin, dass der Arbeitnehmer sein Einverständnis zur Entlassung im Einvernehmen der Vertragsparteien nicht einseitig widerrufen darf. Jedoch wurde die neue Position vom Obersten Gericht der RF 2016 umfassend diskutiert. Wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft nach Abschluss der Vereinbarung über die Aufhebung des Arbeitsvertrags erfahren und ihr Einverständnis zur Entlassung nach der Entlassung aus diesem Grund widerrufen hat, soll sie mit einer Auszahlung der Entschädigung für den Arbeitsausfall wider eingestellt werden (Beschluss des Obersten Gerichtes der RF Nr. 18-KG16-45 vom 20. Juni 2016).

Des Weiteren wies das Moskauer Stadtgericht darauf hin, dass eine schwangere Frau die Wiedereinstellung auch nach ihrer stattgefundenen Entlassung auf eigenen Wunsch fordern darf, wenn sie daran ursprünglich infolge ihrer Schwangerschaft und unter Berücksichtigung des nachfolgenden Schwangerschafts- und Wochenurlaubs nicht interessiert war (Berufungsentscheidung des Moskauer Stadtgerichts vom 8. August 2016 zur Rechtssache Nr. 33-24724/2016).

Möglichkeit der vertraglichen Regelung des Gerichtsstandes

Nach Möglichkeit der vertraglichen Regelung des Gerichtsstandes gemäß den Änderungen des Zivilprozessgesetzbuches der RF im Jahr 2016 erhielten Arbeitnehmer das Recht, eine Klage gegen den Arbeitgeber beim Gericht an ihrem Wohnsitz zu erheben, was bestimmte (vor allem organisatorische) Schwierigkeiten für Arbeitgeber schafft. Deshalb haben viele Arbeitgeber eine Vertragsregelung über den Gerichtsstand am Sitz des Arbeitgebers in Arbeitsverträge aufgenommen. Von den Gerichten wurde es als zulässig anerkannt (z.B. Berufungsentscheidung des Moskauer Stadtgerichts vom 24.05.2016 zur Rechtssache Nr. 33-19844).

Jedoch änderte das Oberste Gericht der RF die rechtsanwendende Praxis 2017 und stellte fest, dass die Beschränkung des Rechtes des Arbeitnehmers auf Klagestellung am eigenen Wohnsitz zur Verschlechterung der Lage des Arbeitnehmers führt, was gemäß dem Art. 9 des Arbeitsgesetzbuches der RF unzulässig ist. Entsprechend darf die vertragliche Bestimmung über den Gerichtsstand im beiderseitigen Einvernehmen der Vertragsparteien keine Anwendung finden (Beschluss des Obersten Gerichtes der RF Nr. 75-KG17-4 vom 14. August 2017).

Foto: Balashova Legal Consultants

 

 

Elena Balashova, LL.M. 

Geschäftsführende Partnerinder Anwaltskanzlei

Balashova Legal Consultants

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