Nachwuchs des Petersburger Dialogs: Zwischen Krise und Optimismus

Zum ersten Mal fand der jüngere Ableger des Petersburger Dialogs in Deutschland statt. Beim Jugendforum in München trafen sich je 30 deutsche und russische Studierende und Nachwuchskräfte, um sich in Diplomatie zu üben.

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Teilnehmer des „jungen Petersburger Dialogs“ in München / Sascha Radke, Eventpress

Die letzten Klänge des Violinkonzerts hängen noch in der Luft, als im Kuppelsaal der Bayerischen Staatskanzlei Wilfried Bergmann das vierte Jungendforum des Petersburger Dialogs in München eröffnet hat. Der stellvertretende Vorsitzende des deutsch-russischen Diskussionsforums ermutigte 60 junge Teilnehmer aus Deutschland und Russland, sich für die deutsch-russischen Beziehungen einzusetzen. „Wir brauchen Ihren Mut, Ihre Energie, um neue Wege beschreiten zu können“, so Bergmann.

Nach St. Petersburg, Moskau und Sotschi war zum ersten Mal Deutschland an der Reihe, das 2013 gegründete Jugendforum abzuhalten. In Kooperation mit der Hanns-Seidel-Stiftung entstand ein Programm, dass die Zukunft im Fokus hatte. Ganz nach dem Motto: Ressentiments durch Dialog und gemeinsame Erfolgserlebnisse zu überwinden. Dass es zwischen Berlin und Moskau nicht gerade herzlich zugehe, sei allen Beteiligten klar. Und dennoch solle der Dialog nicht vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise und dem Syrien-Konflikt ein Schattendasein fristen. Die zivilgesellschaftliche Verständigung habe Priorität. Was aber nicht heiße, dass der Dialog über alle Konflikte und unterschiedliche Meinungen hinwegsehen dürfe, erklärt Bergmann. In Zeiten der schwierigen Beziehungen zwischen Deutschland und Russland müsse das Diskussionsforum eine Gegenposition zu Schwarzmalerei, Propaganda, Unbelehrbarkeit und Rechthaberei sein. „Damit werden wir nicht weiterkommen“, mahnt Bergmann.

Dem konnte sein Kollege Wiktor Subkow, Co-Vorsitzender des Petersburger Dialogs von russischer Seite aus, nur zustimmen. Deshalb sei das Jugendforum so wichtig, denn hier begründe sich eine neue diplomatische Elite. „Die Meinung der Jugend, das ist die Stimme der Zukunft“, resümiert Subkow. Auch der bayerische Ministerpräsident, Horst Seehofer, ließ es sich nicht nehmen, persönlich bei der Eröffnung des Jugendforums zu erscheinen und für den Dialog zwischen Deutschland und Russland zu werben. Wenn nötig, auch gegen die Sanktionen. „Ob sie das richtige Mittel in der heutigen Zeit sind, ist fraglich“, so Seehofer. Dafür wurde er schon im Februar kritisiert, als er eine Stippvisite bei Putin einlegte.

Sanktionen: Ein Instrument der Identitätsbildung?

Dass das Thema der Sanktionen auch den jungen Teilnehmern unter den Nägeln brannte, konnte man sowohl in den Arbeitsgruppen als auch im Gespräch mit dem stellvertretenden Geschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Dirk Pollert, feststellen. Wem schaden sie, wem nutzen sie mehr? Und wie geht man in Russland mit den Sanktionen um? Dass Sanktionen keine Dauerlösung sein können, dem stimmten alle Parteien zu. Aber nicht nur auf der europäischen Seite habe man sich mit den Folgen der Sanktionen arrangiert, auch in Russland. „Die Sanktionen sind unlängst zu einem Instrument der Identitätsbildung geworden“, berichtet Galina Grenning, Studentin der Politikwissenschaften an der Russischen Wissenschaftsakademie für Volkswirtschaft und Staatsverwaltung. „Die Menschen haben sich zusammengeschlossen gegen den Druck von außen. Wenn die Regierung dieses Instrument der Innenpolitik nicht gerade gekonnt einsetzt, so duldet sie doch den psychologischen Aspekt der Sanktionen.“

Neben den politischen Spannungen standen aktuellen Themen und Fragen der deutsch-russischen Beziehungen im Zentrum der Arbeitsgruppen. Zusammen mit zahlreichen Experten diskutierten je 30 deutsche und russische Talente aus verschiedenen Fachrichtungen über die Zukunft des Journalismus und Informationstechnologien, Innovationspolitik sowie Synergien zwischen Bildung, Wissenschaft und Wirtschaft. „Es war wortwörtlich ein Dialog“, berichtet die 21-jährige Alexandra Matjasch. „Man tauschte sich aus, wodurch man neue Perspektiven kennengelernt hat“, so die Studentin der Staatswissenschaften an der Universität Passau. Mit neuen kreativen Ideen fahren alle zurück, damit diese Wurzeln schlagen.

Katharina Lindt

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